Wirklich gutes Brot zu kaufen wird immer schwieriger. Wer nicht das Glück hat, in der Nähe eine Hofpfisterei zu haben oder, so wie ich den Neulinger Bäcker, der muss sich mühsam einen Handwerksbäcker suchen, der sein Brot noch so macht, wie es sich gehört. Industriebäckereien gehören für mich da nicht dazu.
Immer mehr Menschen meinen, an einer Glutenunverträglichkeit zu leiden, weil es ihnen nach dem „Genuss“ von Brot schlecht geht. Das ist ja kein Wunder, denn ein gutes Brot braucht Zeit. Der Sauerteig muss arbeiten, das geht nicht in 90 Minuten. Durch eine längere Gehzeit haben die Bakterien im Sauerteig auch Zeit, die Enzyme im Korn schon einmal vorzuspalten, damit wir es später bei der Verdauung nicht mehr so schwer haben. In den meisten Bäckereien hat der Brotteig gar nicht mehr Zeit, sich zu entwickeln. Innerhalb kurzer Zeit muss ein Brot gemacht werden, dass auch noch schmecken soll. Und was passiert? Der Sauerteig bekommt irgendwelche Zusatzstoffe, damit er schneller arbeitet, es werden weitere Zusatzstoffe für den Geschmack beigegeben und wir wundern uns, warum unsere Gesellschaft auf einmal kein Getreide mehr verträgt, wobei wir es doch seit Jahrhunderten zu unseren Grundnahrungsmitteln zählen. Komisch, oder?
Deshalb mache ich meistens mein Brot selber. Angefangen habe ich mit einem schnellen, sehr guten und saftigen Roggenvollkornbrot, das ich beim Heilfasten kennengelernt habe (https://carolinarikum.com/2017/07/19/gewuerzbrot-aus-roggen-vollkorn). Aber natürlich wollte ich noch mehr über das Brotbacken erfahren. Deshalb war ich kürzlich auf einem Brotbackkurs. Das war nicht der erste. Bisher konnte mir aber keiner erklären, warum ich eine Teiggare machen muss, wie sich das mit dem Quellstück verhält, wie man mit Sauerteig-Ansätzen richtig umgeht etc. Doch jetzt hat es wirklich jemand geschafft, mir das so zu erklären, dass ich auch weiß, worum es beim Brotbacken geht und wie man möglichst viel Geschmack aus dem Korn bekommt. Vielen Dank an den Backhelden! Also, wer interessiert ist an Brotbacken, der schaut am besten gleich bei ihm vorbei: www.backhelden.de
Zu diesem Kurs bin ich übrigens über „Das Blaue Wunder“ gekommen (www.vividangelo.com/blaues-wunder/), dort habe ich im Sommer schon einen Gin-Braukurs gemacht (Details folgen, wenn ich mal wieder Gin mache…).
So, nun aber zu meinem Sauerteigbrot. Ich habe das Rezept vom Backhelden etwas verändert. Außerdem habe ich dem Teig zum Schluss noch die typischen Brotgewürze hinzugefügt. Kümmel, Fenchel und Koriander sind Kohlenhydrat-Verdauungshilfen. Sie machen das Brot bekömmlicher.
Bitte nicht von den ganzen Begriffen, Temperaturangaben etc. abschrecken lassen. Für mich war das auch immer ein Buch mit 7 Siegeln. Aber wenn man es mal verstanden hat, ist alles ganz easy. Also, einfach nachmachen oder einen Brotbackkurs belegen (www.backhelden.de). Nehmt Euch Zeit für das Brot. Wenn Ihr am Vortag am späten Nachmittag beginnt, habt Ihr am nächsten Tag Mittag ein leckeres Brot!
Zutaten (für ca. 1kg Brot):
Anfrischsauer (Gehzeit 5 Std. bei 24 Grad):
- 12g Roggenvollkornmehl
- 7g lauwarmes Wasser
- 9g Anstellgut (Sauerteig)
Grundsauer (Gehzeit 8 Std. bei 28 Grad):
- 83g Roggenvollkornmehl
- 46g lauwarmes Wasser
- Anfrischsauer
Vollsauer (Gehzeit 4 Std. bei 32 Grad):
- 294g Roggenvollkornmehl
- 293g lauwarmes Wasser
- Grundsauer
Quellstück (Gehzeit 17 Std. bei Zimmertemperatur):
- 177g Roggenvollkornmehl
- 59g Weizenvollkornmehl
- 236g lauwarmes Wasser
Brotteig (Gehzeit 10 Min. + 90 Min. bei 28 Grad):
- Vollsauer
- Quellstück
- 104g Roggenvollkornmehl
- 104g Weizenvollkornmehl
- 2g Salz
- ½ TL gem. Kümmel
- ½ TL gem. Koriander
- ½ TL gem. Fenchelsamen
- 3 Hand voll Walnüsse
Zubereitung: Zunächst muss der Sauerteig (den man idealerweise im Kühlschrank hat), angefrischt werden. Dazu das Anstellgut mit dem Mehl und dem Wasser verrühren und bei Zimmertemperatur 5 Stunden gehen lassen. Man sieht dann, dass der Sauerteig arbeitet, weil er Bläschen wirft und größer wird.
Gleichzeitig bereitet man das Quellstück zu: hierfür die erforderliche Menge an Mehl und Wasser verrühren und einfach so lange abgedeckt stehen lassen, bis man den endgültigen Brotteig knetet.
Wenn der Anfrischsauer soweit ist, wird aus diesem der Grundsauerteig zubereitet. Das heißt, man mischt nun 83g Roggenvollkornmehl und 46g lauwarmes Wasser zum Anfrischsauer, deckt es mit einem Tuch ab und lässt es bei 28 Grad ca. 8 Stunden (also über Nacht) gehen. Ich habe die Teigschüssel über Nacht ins Bad neben die Heizung gestellt. Ob das genau 28 Grad waren, weiß ich nicht, es hat aber funktioniert.
Nach diesen 8 Stunden geht es weiter mit dem Vollsauer. Hierzu die erforderlichen Zutaten verrühren und bei 32 Grad (ich habe es in den Backofen gegeben) nochmals 4 Stunden gehen lassen.
All diese Schritte sind wichtig, damit sich aus dem Getreide der Geschmack bildet. Sonst schmeckt das Brot fad. Ihr werdet den Unterschied merken, wenn Ihr den Sauerteig mal nicht so lange gehen lässt.
Wenn der Vollsauer soweit ist, nimmt man sich gleich 1 EL von ihm ab, gibt es in ein Glas mit Schraubverschluss und stellt es in den Kühlschrank. Das ist nämlich das Anstellgut für den nächsten Sauerteig.
Nun ist es soweit: Vollsauer, Quellstück, Mehl, Gewürze, Salz und Walnüsse miteinander verkneten, ca. 10 Min. Das lange Kneten ist vor allem bei Teigen mit Weizen wichtig, da Weizen länger braucht, um seinen Kleber zu lösen.
Ganz ehrlich war das mit dem Kneten bei mir so eine Sache. Ich knete die Brotteige gerne mit der Hand, weil ich Angst habe, dass mir bei den schweren Teigen meine KitchenAid schlapp macht. Aber Roggenteige mit der Hand kneten? Das ist schon eine Baatzerei… Egal. Ich hab‘s trotzdem gemacht.
Den Teig nun 10 Min. rasten lassen, dann zu einem Laib formen. Dabei den Teig immer ein Stück zur Mitte hin falten und festdrücken. Immer im Kreis herum, bis eine Kugel entsteht. Schon hat man den Brotteig „gefaltet“. Den Teig nun mit dem Schluss (also die Seite, auf der der Teig immer in die Mitte gedrückt wurde) in eine bemehlte Schüssel geben und abgedeckt ca. 90 Min. gehen lassen.
Den Backofen auf 250 Grad vorheizen, am besten, man gibt noch einen Pizzastein mit hinein. Dann das Brot auf den Pizzastein geben, eine Tasse kaltes Wasser auf den Boden des Backofens schütten und die Tür ganz schnell schließen. Der Wasserdampf ist wichtig für eine gute Kruste.
Nach 10 Min. die Temperatur auf 220 Grad reduzieren. Nach weiteren 10 Min. die Temperatur auf 190 Grad reduzieren und wiederum nach 10 Min. die Temperatur auf 175 Grad reduzieren. Dann das Brot in ca. 70 Min. fertig backen. Wenn man auf die Rückseite des Brotes klopft und es hohl klingt, ist das Brot fertig.
Das ist wirklich wichtig:
- Das Wasser muss immer lauwarm sein.
- Die Gehzeiten für den Sauerteig sollten eingehalten werden, da es für die Geschmacksentwicklung wichtig ist.
- Den Teig gut kneten, damit sich der Kleber im Getreide löst (vor allem bei Weizen wichtig).
- Das „Falten“ des Teiges bringt Struktur in den Teig und sorgt dafür, dass das Brot eine schöne Konsistenz hat. Am besten stellt man sich eine Kaisersemmel vor, die ist zur Mitte ja auch irgendwie gefaltet…
- Unter Dampf backen: der Dampf im Ofen sorgt dafür, dass das Brot später eine schöne Kruste bekommt.
- Sauerteig-Anstellgut: im Kühlschrank 10 Tage haltbar, dann muss man es mit etwas Roggenvollkornmehl wieder füttern.
- Ich habe die Temperaturen bei den Gehzeiten nicht 100% eingehalten, da ich (noch) kein geeignetes Equipment habe. Aber mit Heizung und Backofen kam ich ganz gut zurecht. Wärme ist wichtig für den Geschmack!
Wow das hört sich ja super an, ein Brot ganz ohne Hefe – wie es sich gehört! Ich möchte schon seit Wochen mit dem Brotbacken anfangen, das Mehl schon gekauft, es fehlt nur ein Anfang 🙂
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Dann wünsche ich Dir gutes Gelingen 😄
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